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Wert und Wichtigkeit von internen Datenschutz- und Compliance -Vorgaben bei Sozialversicherungen

Quelle: https://de.freepik.com/vektoren-kostenlos/geschaftsmann-sozial-chat_1537263.htm
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Ende November hat die Schweiz über die Befugnis aller Sozialversicherungen, bei Verdacht auf Missbrauch von Sozialversicherungsleistungen Leistungsbezüger oder Antragssteller zu überwachen, abgestimmt.

 

64.7 % des Stimmvolkes und 21 Stände begrüssten diese Überwachung, weshalb das Sozialversicherungsrecht künftig um diese Befugnis erweitert wird.

 

Die Sozialversicherungen hätten diese Kompetenz nicht gebraucht, denn die Sozialversicherungen konnten bei hinreichendem Verdacht auf Missbrauch von Sozialversicherungsleistungen Anzeige bei den Strafverfolgungsbehörden stellen.

 

Diese verfügten bis anhin über ein Strafverfolgungsmonopol im Bereich der Zwangsmassnahmen. Dieses Monopol ist nun aufgeweicht.

 

Im Grundsatz bedeutet das Abstimmungsresultat, dass künftig nicht mehr eine unabhängige Strafverfolgungsbehörde über die Durchführung von Zwangsmassnahmen entscheidet, sondern die Sozialversicherungen eigenständig und in eigener Auslegung über diese Kompetenz verfügen. Per Gesetz steht künftig fest, dass bei Missbrauchsverdacht vorfrageweise das öffentliche Interesse an der Überprüfung von Missbrauchsverdacht höher ist als das private Interesse am Schutz der Privatsphäre der Leistungsbezüger und der Antragssteller. Über das Bestehen eines Missbrauchsverdachts kann die Sozialversicherung in Zukunft unabhängig entscheiden und verfügt somit über einen grossen Ermessensspielraum.

 

Kompetenz bringt Verantwortung!

 

Die Sozialversicherer sind nun angehalten mit der neuen Kompetenz sorgfältig und rechtsgleich umzugehen.

In der Praxis bedeutet das, dass interne Richtlinien und Weisungen geschaffen werden müssen, die vor allem folgende Inhalte verbindlich definieren:

  • Kriterien konkreter Anhaltspunkte für unrechtmässige Leistungen sowie Kriterien für die Aussichtslosigkeit der sonstigen Abklärungen oder unverhältnismässige Erschwerung der Abklärungen
  •  Enger Personenkreis, der über die Überwachung entscheiden darf
  •  Beizung des Datenschutzbeauftragten oder Compliance Officer bei der Entscheidung, eine Überwachung durchzuführen
  •  Enger Personenkreis, der in die Resultate der Überwachung Einsicht und Zugriff nehmen darf
  • Hoher technischer Schutz der Überwachungsdaten in der Sozialversicherung
  • Gewährleistung von hohem technischem und organisatorischem Schutz der Überwachungsdaten beim Detektiv und schriftliche Verpflichtung des Detektivs zur Einhaltung dieser Grundsätze
  • Grundsätze zur Überwachung definieren und diese vertraglich dem Detektiv überbinden
  • Grundsätze der Verhältnismässigkeit intern und extern festhalten und umsetzen: Je höher der Verdacht, desto mehr Eingriff in die Privatsphäre, resp. je weniger, desto niederschwelliger die Eingriffe
  • Geheimhaltungsverpflichtung der Mitarbeiter und der Detektive
  • Klarer, verhältnismässiger und zeitlich begrenzter Auftrag an Detektive schriftlich und verbindlich  Information an die überwachten Leistungsbezüger und Antragssteller
  • Prozesse betreffend Aufbewahrung, Löschung und Archivierung der Überwachungsdaten
  • Anwendung eines kontinuierlichen Verbesserungs-Prozesses: Periodische interne und externe Überprüfung der obengenannten Prozesse

 

In diesem Sinne kann die neue Eigenständigkeit der Sozialversicherungen die interne Compliance und den internen Datenschutz stärken und die Glaubwürdigkeit der Institution erhalten.

 

MLaw Angela Schreier